„Selbstcharakterisierungen finde ich meistens fade, weil die interessanten (sprich: schlechten) Eigenschaften in der Regel weggelassen werden. Verständlich. Wer will der Welt schon die Dinge mitteilen, die man bei sich selbst am liebsten ignoriert?
Ich!
Hier also meine schlechten Eigenschaften: In unserer Privatbibliothek gibt es eine größere Sammlung Kinder- und Jugendliteratur. Ich sage dann immer, das seien die Bücher meiner Kinder. Das ist aber gelogen. In Wahrheit lese ich sie. Ich liebe Süßes. Wenn wir Essen gehen, könnte man von mir aus alles vorher weglassen und stattdessen gleich zum Dessert übergehen. Ernährungstechnisch sicherlich bedenklich, doch was kann man schon für die Vorlieben seiner Geschmacksnerven? Wenn ich glücklich bin, macht mir das Angst, denn ein Schriftsteller weiß: Je glücklicher der Protagonist ist, um so schlimmer muss das Unglück sein, das ihm im nächsten Moment zustoßen wird! Direkt vor einer Lesung bekomme ich immer das Nervenflattern und würde am liebsten schreiend davonlaufen.
Gut, dass mein Mann mich dann immer schon vorsorglich an den Bühnenstuhl festgekettet hat. Paradoxerweise möchte ich am Ende einer Lesung aber nicht mehr von der Bühne runter und mein Mann muss mich dann samt Bühnenstuhl aus dem Scheinwerferlicht ziehen. Ich pflege mehrere ausgefallene Phobien, z.B. habe ich eine Autofahrphobie. Was aber kein Wunder ist, schließlich bin ich bei der ersten Führerscheinprüfung durchgefallen, weil ich zwei Mal falsch rechts (!) abgebogen bin. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich noch nicht ahnen, dass das nur das erste einer langen Reihe unglaublich peinlicher Erlebnisse sein würde, die ich noch beim Autofahren erleben sollte.
Sie sehen schon an diesen wenigen Beispielen: Mir wird wohl niemals der Stoff für gute Geschichten ausgehen, da ich in der glücklichen (?) Lage bin, mich selbst jeden Tag aufs Neue überraschen zu können.“
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